Wenn man wie Walter Steinmeier die 50 überschritten hat, und heimlich in der Dienstkarosse auf der Autobahn seine grauen Silberlocken im Takt von The Who nach "Substitute" wippen lässt, spürt man vielleicht, dass die Zeit einen im endlos erscheinenden Tunnel vorantreibt. - Ist unser Ex-Außenminister auch ein Who Fan? Potentiell zumindest. Wir auf jeden Fall, und das auf ewig.
Kürzlich "Substitute" auf der Fahrt in die rheinische Heimat gerade beim Überschreiten der Baden-Württembergischen Landesgrenze auf der Mannheimer Rheinbrücke aufgedreht, als das Schlagzeug Keith Moons einsetzte und die Entwistele'sche Basslinie, die treibende Townshend Gitarre und Daltreys Stimme, von welcher subtil sich der Townshend'sche Tenor abhob.
Das Punk- und das Jazzartige, dazu perfekter Harmoniegesang mitten im R & B Fever, nie wieder erreicht, unkopierbar, und das 1966. Die Zeitmaschine bringt es zurück, und es wird immer besser beim Hören. Man begreift, dass so etwas nie aufhört und man auf der Spur dessen ist, was einen einst eingefangen hatte.
Es gibt die "Oldies", die mit der Zeit verblassen und schal werden, während andere an Strahlkraft gewinnen, angesichts des heutigen musikalischen Overflow im Mainstream- und Alternativsektor. Überangebot führt bekanntermassen selten zu wirklicher Diversifizierung, sondern zu Vereinheitlichung und bestenfalls Epigonalität, oder zur "Durchhörbarkeit", wie es in den Direktiven der Radiosender so schön heisst.
Viele von uns waren in einer Situation des besonderen Hinhörens damals in den Sechzigern, als gewisse Preziosen des Pop nur in ausgewählten Sendungen auftauchten. Es gab diese speziellen Programme, wo "Mothers Little Helper" der Stones auf Roy Blacks "Du bist nicht allein" und Engelbert Humperdinck auf Syd Barett und dessen frühe Pink Floyd trafen. Die seriösen Radiosprecher konnten beim Kommentieren oft gar nicht fassen, was sie da eigentlich ansagten.
Doch da gab es diesen Kommentator - wie hiess er, der mit diesem - darf man es sagen? - geilen Namen: Walter Sexauer, der uns in Radio Saarbrücken mitnahm auf den Zug von "My Generation". Mancher kennt noch diese süsse Beatclub Moderatorin Uschi Nerke, das klassische Minirockgirl, das uns Procul Harums "Homburg", Bee Gees’ "New York Mining Desaster" mit unschuldigem Kennerblick offerierte. Es war zum ersten Mal. Man sieht, wir waren dabei. Es war unsere Zeit.
Mit Basketballschuhen die heissen Asphaltstrassen herunterschlendern, zur Melodie von "Tell Me", die aus irgendeinem Fenster klingt, von jemandem, der es vielleicht zum ersten Mal der neuen Bekannten vorspielt. "Tell Me", Rolling Stones, die bösen Buben, Jungensmusik, Mädchen wurden erst langsam auf den Geschmack gebracht.